Natürlich schlafen
Wir alle wünschen uns einen natürlichen Schlaf. Sich abends hinlegen, leicht in den Schlaf finden, möglichst durchschlafen und sich morgens ausgeschlafen und erholt fühlen – davon können viele nur träumen. Weil Schlaf so wichtig für unser Wohlbefinden ist, haben wir hier viele wertvolle Tipps für Sie: wohltuende Schlafrituale, Interessantes zur Schlafhygiene und Tipps zur abendlichen Entspannung. Gehen Sie mit uns in die Schlafschule, es lohnt sich!
Wohltuende Schlafrituale für eine gute Nacht
Regelmäßig und mäßig
Rituale bringen Ruhe ins Leben, weil sie gleichförmig sind und Sicherheit geben. Das hilft auch, Entspannung und Müdigkeit zuzulassen. Was auch immer Sie als Schlafritual wählen: Tun Sie es jeden Abend zur selben Zeit, damit sich der Körper darauf einstellen kann. Das braucht allerdings seine Zeit. Etwa drei Wochen dauert es, bis das Gehirn einen neuen Ablauf einsortiert und als Ritual gespeichert hat. Aber: Gehen Sie es gelassen an und schaffen Sie sich keine neuen Zwänge. Zu viel Strenge und Disziplin führen oft nur zu einer verkrampften Haltung dem Schlaf gegenüber, und dann wird das Einschlafen erst recht zum Problem.
Was den Schlaf fördert und was ihn stört
Wichtig für den Schlaf: Cool-down für Kopf und Körper
Fällt es Ihnen auch schwer, abends abzuschalten und den Kopf freizubekommen? Kein Wunder: Das Großhirn ist oft total überreizt und rattert unaufhaltsam weiter, und der Sympathikus gibt den Staffelstab nicht an den Parasympathikus ab. Jetzt hilft alles, was Körper und Seele guttut, denn beide sind den ganzen Tag über vermutlich nicht zu ihrem Recht gekommen, weil es nur um Pflichten und Funktionieren ging. Etwa eine Stunde vor dem Zubettgehen sollten Sie Ihren Organismus »runterfahren«, um Körper, Geist und Seele auf den Schlaf einzustimmen. Jetzt ist alles angesagt, was beim Entspannen hilft und den Parasympathikus anregt. Das hilft Ihrem Körper auch dabei, seine Kerntemperatur langsam abzusenken und sich so auf Schlaf einzustimmen.
Warum Fernsehen und Medienkonsum oft nicht entspannen
Die meisten von uns kennen das gut: abends nur noch erschöpft aufs Sofa fallen und sich berieseln lassen, um endlich abzuschalten! Tatsache ist aber: Fernsehen entspannt oft nur scheinbar und macht in Wirklichkeit unruhig. Nachrichten, Talkshows, Serien und viele Spielfilme bombardieren unser Hirn geradezu mit meist negativen Informationen und überfluten unsere Augen und Ohren mit schnell wechselnden Reizen, die das Nervensystem nicht zur Ruhe kommen lassen, sondern immer wieder von Neuem aktivieren. Das ist nicht förderlich für einen guten Schlaf. Wenn Sie dann trotzdem vor dem Fernseher einschlafen, bekommen Sie unterschwellig weiter alles mit, was der Kasten so von sich gibt. Auch das flackernde Licht sorgt dafür, dass Ihr Schlaf nicht tief und erholsam ist. Als Einschlafhilfe im Schlafzimmer ist der Fernseher deshalb meistens keine besonders gute Idee. Und wenn, dann mit Zeitschaltuhr. Trotzdem gehört Fernsehen zu den abendlichen Lieblingsbeschäftigungen der Deutschen: 85 Prozent der unter 30-Jährigen und über 60-Jährigen sehen in der letzten Stunde vor dem Schlafengehen fern. Es ist wohl gar zu verlockend, auf diese Weise zumindest insofern abzuschalten, als die Flimmerkiste von den Alltagssorgen und von uns selbst und der Familie ablenkt. Das gilt auch für andere Medien, die wir konsumieren, vor allem für Computerspiele oder das Surfen im Internet.
Schlafhygiene – beste Bedingungen für gute Erholung
Hygiene bedeutet übersetzt nur in zweiter Linie »Reinlichkeit«, in erster Linie aber »Gesundheitslehre und -pflege«. Schlafhygiene umfasst also letztlich alles, womit wir den Schlaf beeinflussen können: sämtliche äußeren Bedingungen, alle Tagesaktivitäten, Essen, Trinken und Bewegung, Regelmäßigkeit und Rhythmik sowie das Verhalten kurz vor dem Schlaf. Um diesen letzten Punkt geht es im Folgenden: um Schlafrituale und Entspannungsmöglichkeiten. Wir sprechen hier nicht über allgemeingültige Regeln, sondern über Empfehlungen, und zwar in erster Linie für Menschen, die gerade schlafmäßig besonders empfindlich sind. Wer schläft wie ein Bär und sich durch nichts und niemanden stören lässt, braucht solche Tipps eher nicht. Aber wenn Sie unter Schlafstörungen leiden, kann es Ihnen durchaus helfen, etwas genauer hinzuschauen und bewusst das eine oder andere so zu ändern, wie es für Sie gut und richtig ist. Und wenn die Schlafstörung vorbei ist, brauchen Sie vielleicht auch diese »Krücken« nicht mehr. Oder Sie behalten sie bei, weil sie Ihnen einfach grundsätzlich guttun.
Achtsamkeit beruhigt
Achtsamkeit hilft, ruhiger zu werden und ein, zwei Gänge runterzuschalten. Sie ist also das Gegenteil von Multitasking. Achtsam sein heißt: Sie konzentrieren sich auf eine einzige Sache, sind sich dessen ganz bewusst und versuchen, weder die Sache zu bewerten, noch Ihren flüchtigen Gedanken zu folgen. Dadurch kann sich das Gehirn beruhigen. Dies ist auch mitten im Alltag möglich, zum Beispiel beim Gemüseschnippeln oder mit einer Übung wie der Atemachtsamkeit: Richten Sie Ihre Achtsamkeit auf Ihre Atmung und beobachten Sie diese freundlich, ohne sie aktiv zu beeinflussen. Denken Sie »ein« beim Einatmen und »aus« beim Ausatmen. Dabei vertieft sich der Atem automatisch, das Plappern im Kopf pausiert, und Sie kommen runter.
Nach der Arbeit runterfahren
Gestalten Sie ein Übergangsritual, wenn Sie nach der Arbeit heimkommen oder die Heimarbeit beenden. Vielleicht machen Sie Sport, einen strammen Spaziergang oder spielen Schlagzeug, um Dampf abzulassen. Vielleicht wechseln Sie die Kleidung, nehmen ein Bad, setzen sich für eine Weile hin und trinken einen Tee, sprechen mit Ihren Kindern oder Ihrem Partner, hören schöne Musik, atmen tief durch – und müssen gar nichts … Und dann steht vermutlich doch alles Mögliche zu tun an. Aber gönnen Sie sich vorher diese kleine Zäsur zwischen Arbeitstag und Feierabend, um schon mal ein Stück runterzukommen. Machen Sie nicht zu spät Sport, essen und trinken Sie abends nicht zu viel und konsumieren Sie Alkohol, Nikotin und Koffein in Maßen. Wenn Sie noch am Computer oder Tablet sitzen müssen oder wollen: Schützen Sie sich vor dem wach machenden blauen Anteil des Bildschirmlichts. Nehmen Sie sich ein wenig Zeit für Dinge, die Ihnen guttun und Sie in Kontakt mit sich selbst und Ihren Lieben bringen. Nutzen Sie Methoden, um den Kopf freizubekommen und ruhig zu werden. Versuchen Sie, wirklich nichts zu tun …
Nichtstun heißt nicht »nichts tun«
Wir werden in unserer Gesellschaft regelrecht darauf gedrillt, aktiv, tätig und nützlich zu sein. Einfach mal nur untätig dasitzen, das kommt vielen Menschen beinahe blasphemisch vor – ein Erbe der preußisch-protestantischen und angloamerikanisch-puritanischen Weltsicht. Ohne Fleiß kein Preis. Dabei ist es inzwischen wissenschaftlich erwiesen, dass Müßiggang und Nichtstun ausgesprochen wichtig für unsere Gesundheit sind. Sie dienen – wie der Schlaf – dazu, Körper und Geist zu regenerieren, und sind die besten Quellen für Geistesblitze und Problemlösungen, die uns beim Grübeln eher nicht zufliegen. Dürfen die Gedanken ziellos auf Wanderschaft gehen, begegnen uns unverhofft neue Ideen. Nichtstun ist jedoch nicht gerade einfach, weil wir dazu neigen, Gedanken festzuhalten, statt frei ziehen zu lassen. Da das Gedankenkarussell schwer anzuhalten ist, machen wir lieber den Fernseher oder Computer an oder lenken uns auf andere Weise ab. Hier kommen nun Entspannungsmethoden ins Spiel, die helfen, nicht nur die Muskeln zu entspannen, sondern auch im Kopf ruhig zu werden.
Entspannung nach des Tages Mühen
Nur wenn Sie entspannt sind, stellt sich der Schlaf ein. Praktisch ist, dass sich Körper und Geist gegenseitig beim Entspannen unterstützen können. Wenn Sie die Muskulatur entspannen, hilft das Geist und Psyche runterzukommen. Und wenn Sie geistig loslassen, können umgekehrt die Muskeln leichter nachgeben. Auch Sport trägt zur Entspannung bei, denn Muskeln, die kräftig angespannt wurden, können sich anschließend besser entspannen. Auf diesem Prinzip beruhen auch manche Entspannungsmethoden, etwa die Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson.
Entspannung für die Sinne
Auch ein Saunabesuch (nicht zu spät am Abend), ein Vollbad oder ein warmes Fußbad wirken tiefenentspannend, ebenso eine Massage, am besten mit einem entspannenden Massageöl. Solche Maßnahmen sind nicht nur körperlich wohltuend, sondern schenken Ihnen auch wertvolle »Ich-Zeit«. Wie wär’s mit einer Selbst- oder Partnermassage der Hände oder Füße? Oder probieren Sie diese einfache, aber sehr beruhigende Partnermassage aus: Streichen Sie den Rücken beidhändig entlang der Wirbelsäule vom Nacken abwärts immer wieder sanft aus – fünf Minuten lang. Stellen Sie sich dabei vor, wie Sie den »Baum« des vegetativen Nervensystems Ihrer Partnerin oder Ihres Partners von der Krone bis zu den Wurzeln hin ausstreichen und dabei erden.
Ätherische Öle
Die Inhaltsstoffe ätherischer Öle wirken nachweislich über die Haut, die Schleimhäute und den Geruchssinn auf Körper und Psyche. Wichtig: Nur naturreine ätherische Öle haben die gewünschten Wirkungen, nicht jedoch künstliche Aromen, etwa in Duftkerzen! Folgende Öle wirken ausgleichend, stimmungsaufhellend, ganzheitlich beruhigend, entspannend und schlaffördernd: Lavendel, Rose, Jasmin, Gardenie, Bergamotte, Orange, Benzoe siam, Vanille, Sandelholz, Zeder und Zirbelkiefer. Geben Sie wenige Tropfen, in etwas Sahne verrührt, ins Voll-oder Fußbad. Oder mischen Sie ein paar Tropfen in Mandelöl für Massagen. Besonders Lavendelölwirkt entspannend.
So bekommen Sie den Kopf frei
Versuchen Sie, Ihren Tag bewusst zu einem guten Abschluss zu bringen. Nehmen Sie sich Zeit, über ihn nachzudenken, Dinge einzuordnen und zumindest für heute loszulassen. Der beste Zeitpunkt dafür ist vor dem Zubettgehen, damit das Tagesgeschehen vor der Schlafzimmertür bleibt. Wenn Sie das konsequent praktizieren, lernen Sie, Ihre Sorgen nicht mit ins Bett zu nehmen und dort nicht weiter zu planen und zu grübeln.
Morgen ist auch noch ein Tag
Hilfreich ist zum Beispiel, Tagebuch zu führen und so die Gedanken zu ordnen und festzuhalten. Dann sind sie erst mal raus aus dem Kopf – und sicher verwahrt, wenn Sie darauf zurückkommen wollen. Eine To-do-Liste hilft ebenfalls, das Planen und Sich-Sorgen nicht nach dem Lichtausmachen weiterbetreiben zu müssen. Wichtig, damit die lange Liste Sie nicht erst recht stresst: Versuchen Sie, realistisch zu planen, Prioritäten zu vergeben und Pausen einzutakten. Sie können auch Papier und Stift auf dem Nachttisch bereitlegen, um nächtliche Gedanken festzuhalten, die sich sonst im Hirn endlos jagen würden. So leiten Sie die Sorgenenergie über Hand und Stift aufs Papier ab. Eine Technik, um sich von Problemen weg und zum Positiven hin auszurichten: Schreiben Sie auf, was heute alles gut war, was Ihnen gelungen ist und woran Sie sich gefreut haben. Versuchen Sie, zehn positive Punkte zu finden. Sie werden sich vielleicht wundern, wie viele positive Aspekte der Tag letztlich gebracht hat. Wer abends betet, schläft in der Regel besser. Da Gläubige sich eher geschützt und behütet fühlen, macht ihnen der Kontrollverlust, den Schlaf immer bedeutet, vielleicht weniger aus. Wer betet, befreit sich auch eher vom seelischen Müll und kann gedanklich besser loslassen. All dies kann hilfreich sein, um den Schlaf einzuladen – auch wenn Sie bereits im Bett liegen, die Gedanken immer noch wie wild rotieren und der Schlaf sich einfach nicht einstellen will. Probieren Sie aus, was Ihnen am besten taugt.
Was hilft bei Stress und Ängsten?
Bei Stress und Angst ist körperliche Aktivität hilfreich, und wenn es nur ein kurzer, flotter Spaziergang ist. Bewegung baut Stresshormone ab und beruhigt. Sprechen Sie über Ihre Probleme mit Menschen, die zuhören können und die Sie nicht gleich mit Ratschlägen überschütten. Ein empathischer und lebenserfahrener Gesprächspartner kann Ihnen gut dabei helfen, etwas anders auf Ihre Probleme zu blicken, die Dinge weniger pessimistisch zu betrachten und neue Möglichkeiten zu erkennen. Wenn das im privaten Rahmen nicht funktioniert, holen Sie sich fachliche Hilfe – zum Beispiel durch eine/n Psychotherapeutin/ en oder Pfarrer/in, kurzfristig auch bei der Telefonseelsorge oder beim sozialpsychiatrischen Dienst. Bei Schlafstörungen hat sich auch eine Verhaltenstherapie durch auf Schlaf spezialisierte psychotherapeutische oder psychologische Methoden bewährt. Sind die Probleme tiefgreifender, sollten tiefenpsychologische Verfahren einbezogen werden. Je nach Diagnose wird beides von den Krankenkassen bezahlt. Stress und Ängsten begegnet man besser, wenn es gelingt, im privaten und beruflichen Bereich Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Sagen Sie öfter mal Nein, auch wenn Ihnen das schwerfällt. Das sagt sich leichter, als es umzusetzen ist, aber: Seien Sie es sich wert, mehr an sich selbst zu denken. Es heißt nicht umsonst: »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.« Wenn Sie gut für sich selbst sorgen, dann erhalten Sie sich auch die Kraft, für andere da zu sein.
Dr. Felds große Schlafschule
Dr. Michael Feld, Gräfe und Unzer Verlag GmbH, ISBN 978-3-8338-6141-3
Die Inhalte werden in freundlicher Zusammenarbeit mit Gräfe und Unzer Verlag GmbH verwendet.